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Formation Continue du Supérieur
20 octobre 2012

Werdet Weltbürger statt Bologna-Sklaven!

http://www.epapercatalog.com/images/zeit-online-epaper.jpgRuben Karschnick, Redakteur im Ressort Studium bei ZEIT ONLINE. Seine Profilseite finden Sie hier. Das neue Semester beginnt. Und damit der Run auf Credit-Points, der angeblichen Währung für Erfolg. Studenten sollten sich davon freimachen, findet Ruben Karschnick.
Liebe Studenten,
die Jagd auf Credit-Points ist wieder eröffnet. Macht so schnell ihr könnt, lernt, arbeitet! Oder wollt ihr etwa nicht in Regelstudienzeit studieren? Denkt immer daran: Es geht um eure Zukunft!
Kennt ihr diesen fiesen, kleinen Bologna-Teufel im Kopf? Das permanente schlechte Gewissen, nicht genug für später zu tun. Diese Stimme, die dauernd rezitiert, was die europäischen Bildungsminister 1999 beschlossen haben: Das Studium soll die "arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen" der europäischen Bürger fördern.
Dann seid ihr in guter Gesellschaft. Studien zufolge ist den meisten Studenten ihre employability wichtiger als alles andere. Hauptsache fit für den Arbeitsmarkt.
Doch ein Studium muss mehr bleiben als eine reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Selbst dann, wenn die Ängste vor Arbeitslosigkeit, dem Verlust des Bafögs oder der Last des Unikredits allgegenwärtig sind.
Wilhelm von Humboldt sagte, ein Studium solle autonome Individuen und Weltbürger hervorbringen. So nannte der Gründer der Universität Berlin Menschen, die sich mit dem Geschehen auf der Welt auseinandersetzen. Mit Krieg und Frieden, Kulturen und der Natur. Dadurch seien sie in der Lage, selbstbestimmt, mündig und vernünftig zu handeln.
Die Realität an den Unis lässt einen das schnell vergessen. Im Mittelpunkt des heutigen Studiums steht der Credit-Point, eine Einheit, in der sich Bildung angeblich messen lasse. In Studienordnungen findet sich der Hinweis, dass man pro Credit-Point durchschnittlich 25 bis 30 Stunden arbeiten müsse. Die traurige Devise lautet: Arbeit pro Stunde statt Erkenntnisse pro Vorlesung. Einem wird erklärt, wie man im Super-Mario-Stil durch verschiedene Level namens Module zu hüpfen hat und pling-pling einen Punkt nach dem anderen einsammeln soll.
Da ist es nicht leicht, sich zu besinnen, was ein Studium eigentlich heißt: Die Freiheit, sich mit einem bestimmten Gegenstand so intensiv zu beschäftigen, wie man möchte. Und dadurch die Welt ein bisschen besser zu verstehen. Frei von Zwängen wie dem Lebenslauf oder Unternehmenserfolg. Das hat auch heute noch seine Berechtigung. Daran darf auch das Bologna-Teufelchen im Kopf nichts ändern.
Studieren heißt auch, seine Leidenschaften zu entdecken. Doch im Wettrennen um Credit-Points wird es immer schwerer, nach links und rechts zu schauen. Kaum jemand kommt mehr dazu, herauszufinden, was er wirklich will und womit er später einen Großteil seines Lebens verbringen möchte. Im Bologna-Zeitalter sind Studienabbrecher, Langzeitstudenten und Fachwechsler unerwünscht; schnell verschrien als Leute, die nicht wissen, was sie wollen, oder schlicht faul sind. Aber macht schneller Erfolg langfristig glücklich?
Weltbürger werden immer gebraucht

Wer sich diesen Lebensentwurf nicht aufdrücken lassen will, hat es nicht leicht. Die Bedingungen an der Uni werden eher auf Seiten angehender Facharbeiter als angehender Weltbürger sein. Da hilft nur eine Jetzt-erst-recht-Haltung. Oder wie ein Sprichwort sagt: Wenn dir das Leben Steine in den Weg legt, bau' was Schönes daraus.
Natürlich gibt es Situationen, da sind die Steine zu schwer, um sie auch nur anzuheben. Wer in so einem Fall den Mut hat, einen neuen Weg einzuschlagen, verdient Respekt. Keiner sollte deshalb Angst haben, als der vielzitierte Taxifahrer zu enden – außer, es ist das, was einen glücklich macht. Weltbürger werden nämlich immer gebraucht.
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