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Formation Continue du Supérieur
25 septembre 2012

Streit über Hochschulrankings - Warum wir die Bestenlisten brauchen

SPIEGEL ONLINESoziologen und Historiker wettern gegen das CHE-Ranking, Ökonomen gegen das aktuelle BWL-Ranking vom "Handelsblatt". Dieser Zorn bringt nichts, sagt Uni-Rektor Holger Burckhart. Im Hochschulmagazin "duz" fordert er: Helft mit, Rankings zu verbessern, wir brauchen sie!
Lassen Sie mich eins vorwegschicken: Ich beabsichtige nicht, mich für dieses oder jenes Modell von Ranking oder Rating auszusprechen. Ich möchte in der Diskussion speziell um das Ranking des Gütersloher Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) schlicht um Sachlichkeit bitten. Dass das nötig ist, lässt sich anhand von vier Punkten beispielhaft zeigen.
Erstens: Rankings sind umstritten. So banal, so wahr. Aber genauso gilt eben, dass alle Welt auf Rankings guckt und auf sie reagiert. In unserer Gesellschaft ist der Vergleich von Leistungen nicht mehr wegzudenken. Und dennoch glauben die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) und der Historikerverband, dass durch einen Boykott des CHE Ranking alles gut wird?
Bevor wir auf die vorhandenen sach- und wissenschaftsfernen weltweiten Rankings mit ihren Bundesligatabellen zurückgeworfen werden, ist es besser, an einem Ranking wie dem des CHE mitzuwirken, welches methodische Fragen und Datenvalidität ernst nimmt. Das ist ein realistisches Ziel. Darauf zu hoffen, dass Rankings verschwinden, hieße, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen.
Realitäten erkennen, nicht pauschalisieren

Zweitens: Liest man die Stellungnahme der DGS sowie die Argumente des Historikerverbands zu Rankings, dann rückt ein Aspekt in den Vordergrund, der womöglich die Kritik an Rankings jenseits aller Methodendetails im Kern trifft: die Ablehnung einer Einordnung in "besser" oder "schlechter", wie es nun einmal ein Ranking vorsieht, eigentlich sogar das komplette Verleugnen der Existenz dieser Unterschiede.
Mit dieser Haltung werden die deutschen Hochschulen im internationalen Wettbewerb nicht bestehen. Es ist nun einmal ein Fakt, dass es Unterschiede in der Leistungsfähigkeit sowohl in der Forschung, als auch in der Lehre gibt. Wenn jemand diese Unterschiede besser und differenzierter als das CHE Ranking herausarbeiten kann, nur zu! Wir Hochschulen sollten Rankings weiter kritisieren, unserem Ärger Luft machen - aber an vertretbaren Lösungen wie dem CHE Ranking mitarbeiten.
Würden die deutschen Rektoren die Bedeutung des CHE Ranking und die Teilnahme von Studierenden ihrer Hochschulen kommunizieren, statt wenig sachlicher Kritik das Feld zu überlassen, würden sich Rücklaufquoten deutlich erhöhen. Zurück zur Sachlichkeit bedeutet auch: Realitäten erkennen. Nicht pauschalisieren. An der Sache konstruktiv arbeiten.
Nicht alle Rankings über Bord werfen

Drittens. Rankings wie Ratings bedürfen wegen ihrer hohen, im Nutzerverhalten sehr vielfältigen Instrumentalisierbarkeit, einer sorgfältig geprüften und stets zu überprüfenden Methodik. Hier gibt es nicht den Stein der Weisen. Grenzen und Möglichkeiten müssen klar kommuniziert und Missverständnisse wie Missbrauch von vornherein minimalisiert werden. Wenn beispielsweise die Gesellschaft für Soziologie Mängel an der Methodik des CHE Ranking benennt, sind hier sicher sehr ernst zu nehmende Aspekte zusammengetragen worden. Aber deshalb in Bausch und Bogen Rating wie Ranking über Bord zu werfen, ist wenig souverän, eine kritische Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen eher angezeigt.
Viertens: Vielfach verkennt die aktuelle Debatte gerade Unterschiede hinsichtlich Methode und Interessensfokus zwischen den Rankings. Ein Beispiel: Internationalität eines Studienprogramms findet der eine Student gut, der andere nicht. Im CHE Ranking kann er sich dann dafür entscheiden, dieses Kriterium einzubeziehen oder auch nicht. Eine Reflexionsschleife weiter kann ein multiperspektivisches Ranking auch dazu beitragen, den Blick auf bisher noch nicht im Fokus liegende Aspekte der Studienwahl zu lenken.
Zurück zur Sachlichkeit bedeutet an diesem Punkt, nicht alle Rankings über einen Kamm zu scheren und eher auf die Chancen der Information und Steuerung zu verweisen, unter Benennung der Grenzen und Ausrichtungen einzelner Rankings und Ratings. Das verlangt seitens der Macher der jeweiligen Ranglisten Transparenz in Bezug auf ihre Finanzierung, ihre Gesellschafter, ihre Intentionen und - natürlich - in Bezug auf die Methodik. Sie muss offengelegt sein.
Nur wenn das der Fall ist, können Rankings auch für die Alltagsarbeit einer Hochschulleitung von Nutzen sein. Ein Beispiel: Wenn die Fächer meiner Universität im CHE Ranking, auf welches ich mich hier konzentrieren möchte, gut abschneiden, dann freut mich das natürlich. Aber nicht, um - wie die Deutsche Gesellschaft für Soziologie unterstellt - eine Richtschnur für die interne Mittelverteilung zu haben.
Shanghai Ranking - leicht verständlich, aber irreführend

Die Gründe für die zugegebenermaßen ganz unsachliche Freude sind andere. Erstens habe ich durch die Kenntnis der Ranking-Ergebnisse die Möglichkeit, auf Basis der detaillierten Information mit den Fächern in einen konstruktiven Dialog über Stärken und Schwächen und über unsere Siegener Standards für gute Lehre und Forschung zu treten, und das mit fachbezogenen Vergleichsdaten. Natürlich sagen Rankings nichts über Kausalitäten aus. Aber das wollen und müssen sie auch nicht, diese Aufgabe obliegt den Hochschulen.
Zweitens kann das CHE Ranking das Siegener Profil differenziert abbilden, auch wegen der Informationen, die beispielsweise zur Forschungssituation mitgeliefert werden. Damit können wir uns - ganz eigennützig - auf unsere speziellen Stärken konzentrieren. Der dritte Grund für die Freude ist, dass ein Auftreten und selbstbewusstes Behaupten deutscher Hochschulen - so eben auch Siegen - im internationalen Kontext ohne den Umgang mit Rankings gar nicht möglich ist.
Ranglisten sind aber nicht nur für die interne Steuerung, sondern auch für die Außenwirkung der Hochschulen von Nutzen. Ich halte Studierwillige durchaus für fähig, im Prozess der Studienortwahl genau abzuwägen, was ihnen besonders wichtig ist. Ebenso traue ich den Studierenden als Befragte in einem Ranking zu, dass sie die Qualität der Studienbedingungen und der Betreuungsintensität oder verschiedener Ausstattungsmerkmale sehr wohl bewerten können.
An der Universität Siegen nehmen wir deshalb die Urteile unserer Studierenden sehr ernst. Sie helfen uns, unsere Reputation zu verbessern und entsprechende Maßnahmen nach Innen einzuleiten. Das bedeutet auch die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten im Fall negativer Bewertungen einzelner Faktoren. Als Nutzer des Ranking halte ich die Studierwilligen im Umgang mit Medien für so souverän, dass sie sich selbstverständlich vielfältiger Informationsmöglichkeiten bedienen, das CHE Ranking, den Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz, die Websites der Hochschulen, den Rat der Freunde und Eltern. Ihre Entscheidung beruht dann auf ganz unterschiedlichen Kriterien.
Wenn man den Studierenden Entscheidungshilfen bei der Studienortwahl geben will, ist ihnen nicht mit Evaluationsberichten von 100 Seiten gedient. Man muss einen Kompromiss finden zwischen eingängiger Information und den ihr zugrunde liegenden Daten und Methodiken. Rankings wie das Shanghai Ranking machen das, indem sie alle Werte zu einem verdichten und sagen "die Uni ist auf Platz 29". Das ist extrem leicht verständlich, aber irreführend, denn keiner nimmt wahr, welche Werturteile und Gewichtungen dahinterstecken. Da das CHE Ranking alle Kriterien einzeln ausweist und die Studierenden im Internet selbst wählen lässt, welche Aspekte ihnen wichtig sind, andererseits aber Bewertungen in drei Gruppen mit Farben symbolisiert, ist meines Erachtens ein vertretbarer Kompromiss zwischen Exaktheit und Lesbarkeit gefunden.
Auch hier gilt bei sachlicher Betrachtung: Ranking ist nicht gleich Ranking. Es versteht sich von selbst, dass wir die Strategien und die Zukunft von Fächern nicht allein nach deren jeweiligen Ranking-Ergebnissen ausrichten. Nutzen und Grenzen finden dort ihren deutlichen Ausdruck. Wir sollten Rankings in ihrer Außenwirkung nicht unterschätzen. Genauso wenig aber dürfen wir sie in ihrer Innenwirkung überbewerten. Alles andere wäre sachlich nicht angemessen.
Dieser Text ist erschienen im Hochschulmagazin "duz", Ausgabe
10/12 vom 21. September 2012.

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