Wer mobil ist, braucht sich keine Sorgen zu machen, sagt der Hochschulexperte Klaus Landfried.
ZEIT Campus: Herr Landfried, der
Deutsche Hochschulverband hat prognostiziert, dass langfristig nur jeder dritte Bachelorabsolvent einen Masterplatz bekommt. Muss man also Angst haben?
Klaus Landfried: Diese Prognose halte ich für Spekulation. Der Hochschulverband ist eine Berufsvertretung von Professoren und promovierten Wissenschaftlern an Unis und als solcher daran interessiert, die Platzzahlen knapp darzustellen. Das erhöht schließlich die Reputation jedes Masterstudiengangs.
ZEIT Campus: Heißt das, die Sorge ist unbegründet?
Landfried: Probleme, einen geeigneten Platz zu finden, haben derzeit nur Bewerber, die sich zu passiv verhalten. Also diejenigen, die sich nur nach den Möglichkeiten an der eigenen Uni erkundigen. Ich halte es für falsch, den
Master unbedingt in der Stadt anzustreben, in der man den
Bachelor gemacht hat.
ZEIT Campus: Aber früher sind die Magister- oder Diplomstudenten doch auch ein paar Jahre an derselben Uni geblieben.
Landfried: Dieser Vergleich ist ein Denkfehler! Ein Masterstudium ersetzt nicht das frühere Hauptstudium, sondern ist eine neue Qualifikation. Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, an einem Ort »durchzustudieren«. Viele wünschen sich das, weil sie die gewohnte Uni und ihr soziales Umfeld nicht verlassen möchten. Sinnvoll ist das nicht. Schließlich wollen die meisten Arbeitgeber später niemanden, der immer am selben Ort geblieben ist. Wer in Frankfurt einen Bachelor gemacht hat, wird interessanter, wenn er den Master danach in Jena angeht.
ZEIT Campus: Es gibt aber Studiengänge, in denen derzeit fraglos ein Mangel an Masterplätzen herrscht, zum Beispiel in BWL oder Psychologie. Was macht man da?
Landfried: Schauen Sie, welche Nische zu Ihnen passt, und spezialisieren Sie sich – zum Beispiel auf Wirtschaftsrecht, Gesundheitsmanagement oder Unternehmenspsychologie.
ZEIT Campus: Und was sagen Sie Absolventen, die einen Platz in einem besonders beliebten Programm ergattern möchten?
Landfried: Dort, wo es voll ist, muss es nicht gut sein. Ich kann jedem nur raten, die Programme und Professoren genau zu prüfen. Es müssen doch nicht immer die bekannten Massen-Unis sein. Ich kenne eine Reihe von tollen Hochschulen, die händeringend Masterstudenten suchen und um sie werben. Warum nicht als Biologin zum Beispiel nach Cottbus gehen? Dort herrschen wunderbare Bedingungen, die Dozenten haben Zeit für die Studenten, und die Forschung ist überaus ambitioniert. Und BWL-Master gibt’s auch am Niederrhein oder in Sigmaringen.
ZEIT Campus: Eine weitere Möglichkeit wäre, für den Master ins Ausland zu flüchten.
Landfried: Das ist auf jeden Fall eine Überlegung wert. Aber nicht, um zu fliehen, sondern weil ein Studium im Ausland für jeden eine Horizonterweiterung darstellt und später auch beim Berufseinstieg nützt.
ZEIT Campus: Den Zahlen des Deutschen Akade- mischen Austauschdienstes zufolge gehen derzeit nur etwa fünf Prozent der deutschen Bachelorabsolventen für den Master ins Ausland.
Landfried: Viele trauen sich das nicht. Dabei gibt es wunderbare Bedingungen dafür: Internationale Master werden beispielsweise durch das
Erasmus-Mundus-Programm von der Europäischen Union großzügig mit Stipendien gefördert. Das nutzen deutsche Studenten viel zu wenig. Für einen Business-Master nach Mailand – das ist doch toll! Oder als Informatikerin nach Nancy! Oder nach Warschau. Überhaupt Mittel- und Osteuropa: In Polen, Tschechien oder Ungarn gibt es sehr gute Hochschulen, an denen fast alles auf Englisch abläuft.
ZEIT Campus: Das Auswahlverfahren für Masterplätze wirkt chaotisch – überall werden unterschiedliche Kriterien angelegt.
Landfried: Wie die aussehen, entscheidet bisher jede Hochschule selbst und jeder Fachbereich für sich. Das Verfahren ist aber immer durch eine Ordnung des Fachbereichs geregelt, die jeder meist online einsehen kann. Im Idealfall haben daran Studenten mitgewirkt.
ZEIT Campus: Was halten Sie davon, dass immer öfter versucht wird, den Masterplatz gerichtlich einzuklagen, weil etwa strittig ist, wie viel die Bachelornote zählen darf?
Landfried: Die meisten Klagen sind unberechtigt. Wenn es an der Hochschule allerdings keine gültige Aufnahme-Ordnung gibt oder diese missachtet wurde, kann ich den Ärger der Studenten schon verstehen.
ZEIT Campus: Vor Kurzem hat ein Gericht für rechtswidrig erklärt,
wie die Uni Münster ihre Masterplätze in BWL vergeben hat, weil Bewerbungen nur stichprobenhaft geprüft wurden. Das klingt nach Willkür.
Landfried: Deswegen plädiere ich immer für einen Test der persönlichen und fachlichen Eignung. Natürlich macht das Arbeit, aber es ist eigentlich das Fairste: Im weiterführenden Studium kommt es aufs Können an, und es sollten die zum Zug kommen, deren Kompetenzen zum Programm passen.
ZEIT Campus: Was erwarten Sie noch von Kandidaten für ein Masterstudium?
Landfried: Sie sollten Einfallsreichtum, Willenskraft und Hartnäckigkeit zeigen.
ZEIT Campus: Wie kann man diese Eigenschaften als Bewerber vermitteln?
Landfried: Wer klarmacht, dass er sich sehr genau über den Master informiert hat, punktet auf alle Fälle. Ideal ist, wenn man mit schon aktiven oder ehemaligen Studenten über den Studiengang geredet hat. Auch Gespräche mit Dozenten aus dem Bachelorstudium kann man erwähnen. Das zeigt, dass man sich intensiv damit beschäftigt hat, wie man weiterstudieren möchte.
ZEIT Campus: Von den aktuellen Dozenten braucht man für einige Masterbewerbungen ja ohnehin ein Gutachten.
Landfried: Ja, aber Kontakte zu Dozenten können noch viel mehr bringen als ein nettes Gutachten. Es müssen ja nicht immer Professoren sein, die oft wenig Zeit haben, um auf Bachelorstudenten einzugehen. Auch wissenschaftliche Mitarbeiter können viel bewirken: Vielleicht kennen sie an der Wunschhochschule für den Master einen hilfsbereiten Kollegen, den man anrufen kann. Auf einmal hat man eine Kontaktperson, und schon wird die Bewerbung viel leichter.